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ImmoFuturMagazin

E-Mobilität ohne Kurzschluss

E-Ladesäule im Mehrfamilienhaus

Lesezeit: 9 Minuten

  • E-Ladeinfrastruktur
  • E-Mobilität

Eines muss man der Bundesregierung lassen – sie scheut nicht vor großen Zielen. 15 Millionen E-Autos sollen bis 2030 auf Deutschlands Straßen fahren. Da stellt sich natürlich die berechtigte Frage: Und wie wird diese gewaltige E-Flotte geladen?

Die Bundesnetzagentur zählt insgesamt 123.449 öffentliche Ladesäulen (Stand Januar 2024). Für 15 Millionen ladebedürftige Autos wäre das ins Verhältnis gesetzt: 1 Ladesäule für 121 Autos.Auch ohne E-Mobilitäts-Experte zu sein, ist klar - das ist deutlich zu wenig.

Es braucht mehr Ladepunkte - auch zuhause

Folglich muss die E-Ladeinfrastruktur ebenfalls wachsen. Allein durch öffentliche Ladepunkte wird man aber den notwendigen Bedarf nicht abdecken können.

Will der Umstieg auf E-Mobilität wirklich gelingen, dann muss auch zuhause direkt vor der Haustür oder in der Garage geladen werden.

Für Ein- und Zweifamilienhäuser gestaltet sich der Einbau einer E-Ladesäule bzw. Wallbox meist recht einfach. Zumindest im Vergleich mit den Hürden, die sich beim Aufbau einer E-Ladeinfrastruktur in Mehrfamilienhäusern auftun. Denn in Mehrfamilienhäusern lauern rechtliche, bauliche und technische Stolpersteine.

Interview mit vryon GmbH über den Aufbau einer E-Ladeinfrastruktur in Mehrfamilienhäusern

Wie kann also die Installation einer E-Ladeinfrastruktur in einem Mehrfamilienhaus gemeistert werden? Wir haben bei den Experten von vryon GmbH nachgefragt, die genau das zu ihrer Aufgabe gemacht haben. Herr Jochen Rumpel, Geschäftsführer von vryon, stand uns Rede und Antwort.

IMMOFUTUR: Hallo, Herr Rumpel. Fangen wir mit einer Bestandsaufnahme an. Wie schätzen Sie die momentane Lage von E-Ladesäulen in deutschen Mehrfamilienhäusern ein?

vryon: Die Nachfrage nach Ladepunkten im privaten Bereich von Mehrfamilienhäusern war vor dem Ausbruch des Ukrainekriegs sehr hoch. Mit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine und der durch die politischen Reaktionen entstandenen Energiekrise hat diese Nachfrage jedoch stark abgenommen. Wir beobachten momentan, dass nun Photovoltaikanlagen mehr in den Fokus gerückt sind.

IMMOFUTUR: Ist die Energiekrise im Zuge des Ukrainekrieges der einzige Grund für den Rückgang der Nachfrage nach E-Ladepunkten?

vryon: Nein, nicht nur. Bis heute schrecken die hohen Investitionskosten viele Eigentümer erstmal ab. Aus unserer Sicht ist das einer der Hauptgründe für den noch sehr geringen Ausbaustand.

Entsprechend ist noch Luft nach oben vorhanden. Auch die Rücknahme der E-Fahrzeugförderung und die dadurch gesunkene Nachfrage an E-Fahrzeugen wird diesen Trend vorerst nicht ändern. Das über das Verbrenner-Aus ab 2035 auch wieder diskutiert wird, hilft leider auch nicht.

IMMOFUTUR: Düstere Aussichten würde man meinen. Wie schätzen Sie die Zukunft (nächsten 5 Jahre) der E-Ladesäule in Mehrfamilienhäusern ein?

vryon: Klar, auf den ersten Blick sieht es nicht so gut aus. Aber man darf nicht vergessen, dass das eine Momentaufnahme ist. Wir sind davon überzeugt, dass die Nachfrage in den nächsten Jahren wieder stark steigen wird. Denn sobald sich die CO2-Bepreisung von den vorgegebenen Pauschalen in den freien Handel verlagert, werden die Benzin- und Dieselpreise stärker steigen, als es viele vermuten.

Das wird beim nächsten Autokauf in Zukunft kein unwichtiges Entscheidungskriterium sein, ob dann doch lieber E-Auto statt Verbrenner. Wir gehen davon aus, dass in den nächsten Jahren dieser Zuwachs an E-Fahrzeugen auch zu einem Zuwachs an privaten Ladepunkten führen wird und umgekehrt.

Wenn parallel dazu die Ladeinfrastruktur von PV-Anlagen unterstützt werden und die Ladepreise nahezu identisch bleiben oder im Idealfall rückläufig werden, wenn PV-Energie vorhanden ist, wird es einen Aufschwung geben. Und dann werden auch die Lademöglichkeiten im privaten Bereich wieder stärker nachgefragt.

Dazu muss das Laden tagsüber, egal wo, stärker forciert werden, um überschüssigen PV-Strom besser zu nutzen, solange es keine bessere Art der Energiespeicherung gibt. Wir bei vryon haben das Ziel über PV-Anlagen möglichst günstige Ladepreise anzubieten, um die E-Mobilität attraktiver zu machen.

IMMOFUTUR: Wie schätzen Sie die gesetzliche Lage für die Installation von E-Ladesäulen in Mehrfamilienhäusern ein?

vryon: Die gesetzliche Lage ist aus unserer Sicht vollkommen ausreichend. Eine Verbesserung ist aus unserer Sicht nicht notwendig, aber es sollte auch keine weitere Regulierung stattfinden.

Die Gesetzeslage ist klar: Jeder Mieter:in und Eigentümer:in mit einem zugewiesenen Stellplatz hat das Recht auf eine Wallbox.

Es gibt viele Konzepte, um sinnvolle Lösungen in Mehrfamilienhäusern umzusetzen, die neutral von Unternehmen wie uns vorgestellt und von Fachunternehmen installiert werden.

Die Abrechnung und Betriebsführung sind auch über Dienstleister wie uns einfach abzuwickeln. Für Hausverwaltungen fällt also keine zusätzliche Arbeit an.

IMMOFUTUR: Wie sieht der Prozess aus, wenn Sie von einer Hausverwaltung kontaktiert werden, die am Einbau einer E-Ladeinfrastruktur in einem Mehrfamilienhaus interessiert ist?

vryon: Wir gehen zuerst ins Gespräch mit der Hausverwaltung, den Verwaltungsbeiräten und/oder Eigentümern. Das hat einen ganz einfachen Hintergrund. Aufgrund der vielen Möglichkeiten muss zuerst abgefragt werden, welche Vorstellungen, Bedürfnisse und Wünsche vorhanden sind.

In ein bis zwei Beratungsterminen bekommen wir über unsere Checkliste sehr schnell heraus, was am Ende vorhanden sein soll. In der Regel verfügen Hausverwaltungen nicht über das Fachwissen, um eine solche Beratung durchzuführen.

Gleiches gilt übrigens auch für die Abrechnung, für die die Prozesse einer Hausverwaltung nicht ausgelegt sind. Da helfen wir Hausverwaltungen aber auch gerne weiter.

Wir erstellen eine Ausarbeitung über die weitere Vorgehensweise und eine anbieterneutrale Empfehlung über die Art der Ausführung. Für die technische Umsetzung und Detailplanung arbeiten wir mit Fachunternehmen zusammen, die wir gerne neutral empfehlen und die Abrechnung direkt mit dem Kunden abläuft. Für die laufende Betriebsführung und Abrechnung (inkl. Vertragsmanagement, RFID-Kartensteuerung, Forderungsmanagement, usw.) sind wir als starker Partner gerne aktiv.

Und in der Regel kann direkt nach der Umsetzung der Baumaßnahmen und ggf. der Zählersetzung durch den Netzbetreiber oder einen wettbewerblichen Messstellenbetreiber (wMSB) sofort mit dem Laden an den Ladepunkten begonnen werden.

IMMOFUTUR: Welche Daten sind für die Erstellung des Konzepts relevant?

vryon: Zuerst müssen wir die Vorstellungen der Eigentümer und Anwohner kennen. Das ist die Basis für das weitere Vorgehen. Hierzu gehört natürlich auch eine Bedarfsabfrage bei den Bewohnern. Daraus ergeben sich die weiteren Fragen.

Die technischen Leistungsdaten und sonstigen Daten werden je nach Konzept in der technischen Planung abgefragt.

IMMOFUTUR: Wie lange kann es von Anfrage bis zum laufenden Betrieb dauern?

vryon: Bei einem Mietshaus kann je nach Handwerkerauslastung und Zusammenarbeit mit einem einzelnen Eigentümer innerhalb von 3-6 Monaten das Projekt abgeschlossen sein.

Bei Wohnungseigentümergemeinschaften kommt es auf die Planung vor der Versammlung an und inwiefern mit einer weiteren außerordentlichen Versammlung gerechnet werden kann.

Hier sind 6 Monate als Minimum zu sehen, was jedoch sehr ambitioniert ist. Unsere Praxiserfahrungen zeigen, dass von der Anfrage bis zur Umsetzung im Schnitt 1 bis 1,5 Jahre vergehen.

Aber auch hier ist es wieder abhängig von den Vorstellungen der Eigentümer:innen: Nur eine Wallbox für alle Einheiten lässt sich schnell umsetzen.

Sind über 100 Stellplätze vorhanden, die eine Grundausstattung mit Lade-Last-Management und ggf. einer Leistungserhöhung des Stromanschlusses benötigen, verlängert sich aufgrund der Abstimmungsarbeit mit dem Netzbetreiber die Projektzeit wieder.

IMMOFUTUR: Worauf sollten Hausverwaltungen bzw. WEGs achten, wenn sie die Installation einer E-Ladeinfrastruktur erwägen?

vryon: Damit solch ein Projekt wenig Kopfschmerzen bereitet, empfehlen wir allen voran, sich fachkundigen Rat einzuholen.

Auch hilfreich ist, wenn vor den Versammlungen bereits eine neutrale Beratung in Anspruch genommen wird, um die Eigentümerversammlungen nicht ausufern zu lassen. Das kostet zwar etwas, aber es hilft enorm, Vorbehalte und Unsicherheiten auf Seiten der Eigentümer:innen abzubauen.

Und zu guter Letzt: Vorrausschauend planen und die Ladeinfrastruktur auf die Zukunft ausrichten.

Abraten würde ich von einem Angebot von einem Anbieter, der nur ein Konzept nach Schema F verkauft. Die fehlende Flexibilität kann sich im Nachhinein rächen. Denn solche Konzepte spiegeln oftmals nicht die Wünsche und Bedürfnisse der Eigentümer und Bewohner wider. Ganz wichtig ist, dass das verbaute System offen ist und der Betreiber (Abrechnungsdienstleister) ausgetauscht werden kann. Daher entfallen eigentlich auch Anbieter, die die Ladeinfrastruktur kostenlos einbauen, da diese sich über einen langfristigen Betrieb finanzieren.

Solche geschlossenen Systeme oder Anbieterbindungen stellen für die Wohnungseigentümergemeinschaften eine ähnliche Situation wie mit einem Monopolisten dar. Dann sind Preisanpassungen und andere Vorgaben von diesem hinzunehmen oder die ganze Anlage, die ein hohes Investment darstellt, muss teilweise oder ganz ausgetauscht werden. Da ist Ärger und Unmut vorprogrammiert.

IMMOFUTUR: Was sind Ihrer Erfahrung nach die größten Probleme beim Aufbau einer E-Ladeinfrastruktur in einem Mehrfamilienhaus?

vryon: Sicherlich die Wünsche und Bedürfnisse aller Eigentümer:innen ein Konzept zu bringen, eine zukunftsfähige Infrastruktur aufzubauen und möglichst im Betrieb unabhängig zu sein.

Und natürlich spielt die Finanzierung immer eine große Rolle. Insbesondere dann, wenn eine Leistungserhöhung notwendig ist und bei großen Tiefgaragen oder Parkhäusern dann sogar eine Trafostation benötigt wird.

IMMOFUTUR: Gibt es Fälle, in denen eine E-Ladeinfrastruktur in einem Mehrfamilienhaus keinen Sinn macht?

vryon: Sicherlich, aber bisher haben wir in jeder Beratung und bei allen Anfragen Möglichkeiten gefunden, um eine Ladeinfrastruktur umzusetzen.

Wir hatten einzelnen Projekte, wo die prognostizierten Kosten so hoch gewesen sind, dass die Umsetzung dann letztendlich nicht realisiert wurde. Das kann zum Beispiel daran liegen, dass die Anschlussleistung nicht gegeben ist und die Investitionskosten für den Umbau zu hoch sind. Das ist zwar schade, aber es muss ja am Ende auch wirtschaftlich Sinn ergeben.

Für uns aber wichtig: Es wurde eine Möglichkeit gefunden, die vielleicht dann zu einem späteren Zeitpunkt umgesetzt werden kann.

IMMOFUTUR: Kommen wir noch mal zum Punkt Abrechnung. Welche Abrechnungsmodelle für E-Ladesäulen in einem Mehrfamilienhaus gibt es?

vryon: Seit der Einführung des § 14a EnWG zum 01.01.2024 macht eine Umsetzung eigentlich nur noch an einem gesonderten Zähler Sinn. Die Abrechnung erfolgt dann über eine Zugangskontrolle wie RFID-Karten, wie man es von öffentlichen Ladestationen kennt.

Außerdem kann auch mit einem Paymentterminal gearbeitet werden, an dem mit EC-/Kreditkarten direkt bezahlt werden kann. Diese sind nur ein paar Cent pro kWh teurer, aber bieten mehr Flexibilität. Vor allem muss man sich bei keinem Anbieter registrieren und auch Besucher können einfach und schnell den Ladevorgang beginnen.

Die Betriebsführung ist jedoch etwas aufwändiger. Wir nutzen diese Technik primär an unseren öffentlichen Ladepunkten und sind damit sehr zufrieden. Bisher wurden Wallboxen teilweise noch an den Wohnungszählern angeschlossen, was auf der einen Seite bei mehr als 5 Stellplätzen nicht zukunftsfähig ist und jetzt aufgrund der Steuerbarkeit nicht mehr sinnvoll sein wird.

IMMOFUTUR: Wie sieht es mit Förderungen aus? Ist die Installation einer E-Ladeinfrastruktur in einem Mehrfamilienhaus förderfähig?

vryon: Eine Bundesförderung gibt es leider aktuell nicht. Teilweise aber Landesförderprogramme oder kommunale Förderungen. Das gilt es dann in der Planungsphase zu prüfen.

Wir empfehlen unseren Kunden allerdings immer ohne Förderung zu kalkulieren und wenn es doch eine Fördermöglichkeit gibt, diese als Bonus mitzunehmen, wenn die Voraussetzungen die Betriebsführung nicht zu lange bindet oder beschränkt.

IMMOFUTUR: Herr Rumpel, vielen Dank für diesen aufschlussreichen Einblick rund um den Aufbaue einer E-Ladeinfrastruktur in Mehrfamilienhäusern.

vryon: Gerne!

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