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ImmoFuturMagazin

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One Stop Shop als Retter der nachhaltigen Gebäudeentwicklung

Lesezeit: 6 Minuten

  • One Stop Shop
  • Energiewende

Bis 2050 will die EU klimaneutral werden. Damit das gelingen kann – und das predigen wir an dieser Stelle nicht zum ersten Mal – müssen Gebäude energetisch auf ein besseres Level gebracht werden. Egal wo, ob in Deutschland oder Europa.

Doch wie kann das gelingen? Eine Idee lautet, die Beratung, Förderung und Umsetzung energetischer Sanierungen zu zentralisieren. Aber nicht auf staatlicher Ebene, sondern in die Hände von zentralen, lokal agierenden Anlaufstellen, sogenannten One-Stop-Shops (OSS).

Das Kalkül dahinter: Die oft komplexen Anforderungen an Sanierungen von Gebäuden werden einfacher gemacht, da es einen konkreten Ansprechpartner gibt, der die 3 Säulen begleitet:

  • Planung
  • Umsetzung
  • Betreuung

Wir haben mit Dr. Stefan Thomas, Leiter der Abteilung Energie-, Verkehrs- und Klimapolitik am Wuppertal Institut, gesprochen und nachgefragt, wie One Stop Shops in Deutschland helfen können, die nachhaltige Weiterentwicklung von Gebäuden voranzutreiben.

Am Wuppertal Institut wurde das Projekt proRetro ins Leben gerufen.

Was macht proRetro? proRetro ist ein Projekt, das Hausbesitzer bei der Sanierung ihrer Gebäude unterstützt. Es entwickelt und testet One-Stop-Shops in fünf deutschen Städten und Regionen.

Diese Anlaufstellen sollen den gesamten Sanierungsprozess abdecken, von der Erstberatung über die Planung bis zur Umsetzung und Abnahme.

Das Projekt wird vom Wuppertal Institut koordiniert und erhält Unterstützung von europäischen Partnern mit Erfahrung im Bereich One-Stop-Shops, um Wissen durch „Peer-to-peer learning“ auszutauschen.

Ziele des Projekts:

  • Überwindung von Sanierungshindernissen durch neue One-Stop-Shops
  • Umfassende Betreuung des Sanierungsprozesses
  • Sicherstellung der Nachhaltigkeit der Angebote über die Projektlaufzeit hinaus

Was ist ein One-Stop-Shop überhaupt?

Ein OSS dient als zentrale Anlaufstelle, die alle Aufgaben einer energetischen Sanierung als erster oder alleiniger Ansprechpartner organisiert und begleitet. Ziel ist es, den Prozess der energieeffizienten Sanierung von Gebäuden zu erleichtern.

One-Stop-Shops können folgende Aufgaben übernehmen:

  • Beratung
  • Planung
  • Vorbereitung
  • Begleitung der Sanierungsmaßnahmen
  • Finanzierung

Der Umfang der Leistungen richtet sich im Idealfall an den Wünschen der Kunden aus.

Die Nutzung eines One-Stop-Shops reduziert den Aufwand für verantwortliche Personen – meist Hausverwaltungen bzw. Gebäudeeigentümer. Insbesondere bei der Informationsbeschaffung und Organisation.

Zudem kann die Qualität der Sanierung verbessert werden, da der One-Stop-Shop über das notwendige Fachwissen und Erfahrung aus der Begleitung vieler Projekte verfügt.

Interview mit Dr. Stefan Thomas, Wuppertal Institut, zum Thema One Stop Shops

IMMOFUTUR: Fangen wir erstmal mit den Basics an: Was kann man unter einem OSS im Kontext der nachhaltigen Gebäudeentwicklung verstehen?

STEFAN THOMAS: Mit einem OSS soll die gesamte notwendige Beratung und Umsetzungsbegleitung für die energetische Modernisierung aus einer Hand bereitgestellt werden.

Einfach gesagt: Ein Ansprechpartner und ein Stop beim OSS genügt, um alles zu bekommen, damit die nachhaltige Gebäudeentwicklung starten kann.

Manche OSS gehen noch weiter und bieten gleich direkt die Umsetzung und zum Teil sogar die Finanzierung der Arbeiten mit an.

IMMOFUTUR: OSS richten sich an alle – an Einfamilienhausbesitzer:innen, aber auch an Mehrfamilienhäuser. Erfahrungsgemäß sind energetische Sanierungsmaßnahmen in Mehrfamilienhäusern weitaus komplexer. Können OSS für Mehrfamilienhäuser eine Hilfe darstellen?

STEFAN THOMAS: Ja, auf jeden Fall. Besonders für private Vermieter:innen, die nur ein Mietshaus oder wenige davon haben und daher vor den gleichen Herausforderungen stehen wie Eigenheimbesitzer:innen.

Der OSS sollte sich dabei natürlich im Mietrecht und mit der Modernisierungsumlage sowie der Aufteilung der CO2-Kosten auskennen.

Diese Bestimmungen machen die energetische Modernisierung zusammen mit der Wertsteigerung des Gebäudes teilweise richtig lohnend für Vermieter:innen.

IMMOFUTUR: Wie könnte z.B. eine Hausverwaltung von einem One-Stop-Shop profitieren?

STEFAN THOMAS: Heute ist es meist so, dass Gebäudeeigentümer:innen, Wohnungseigentümergemeinschaften und Hausverwaltungen, die ihr Gebäude energetisch modernisieren wollen, viele verschiedene Stellen kontaktieren müssen.

Nur so kommen sie an die nötigen Informationen, eine individualisierte Beratung, die Bundesförderung, Angebote von verschiedenen Gewerken für die Umsetzung und eine unabhängige Baubegleitung.

Das ist mühselig, zeitintensiv und kostet nicht selten auch Nerven. Infolgedessen kommen Bestrebungen oft ins Stocken, ein Gebäude energetisch auf einen neuen Stand zu bringen.

Ein OSS kann der Hausverwaltung viel Suchaufwand für die Informationen abnehmen, die für die Wohnungseigentümergemeinschaften zusammengestellt werden müssen, um Beschlüsse über eine Instandsetzung oder eine energetische Modernisierung herbeizuführen.

Auch in der Umsetzung kann dann gerade die Unterstützung beim Finden qualifizierter Bau-und Handwerksbetriebe, bei der Koordination der Gewerke bei der Umsetzung und bei der Qualitätskontrolle sehr viel Zeit sparen.

Mit einem OSS haben Hausverwaltungen einen konkreten Ansprechpartner. Und damit kann und soll energetische Gebäudesanierung einfacher werden.

IMMOFUTUR: Sind OSS damit Alleskönner, wenn es um die klimaeffiziente Modernisierung von Gebäuden geht?

STEFAN THOMAS: In gewisser Weise ja. Sie vereinen viele Vorteile in sich. Ein OSS kann alle die zuvor genannten Schritte für die Gebäudeeigentümer:innen oder Wohnungseigentümergemeinschaften bzw. deren Hausverwaltungen koordinieren.

Konkret bedeutet das: OSS stellen die wichtigsten Basisinformationen bereit und unterstützen kompetent bei der Auswahl von Anbieter:innen für Detailberatung und Umsetzung. Auch bei der Beantragung von Fördermitteln können sie unterstützen.

Aus meiner Sicht ist für das Vertrauen in diesen Koordinator eine Unabhängigkeit von bestimmten Anbieter:innen und technischen Lösungen wichtig.

Die Kosten sollten daher am besten aus einer öffentlichen Förderung gedeckt werden. Soweit dies nicht möglich ist oder ein Teil aus dem Angebot eigener Beratungs- oder Umsetzungsdienstleistungen gedeckt werden soll, ist es wichtig dies den Kund:innen transparent zu machen.

IMMOFUTUR: Sie und Ihr Team haben zu One Stop Shops geforscht. Was sind die wichtigsten Erkenntnisse?

STEFAN THOMAS: Nach einer Umfrage unter Hauseigentümer:innen wäre es wichtig, über die reine Beratung aus einer Hand hinauszugehen. Gewünscht wurde vor allem die Unterstützung beim Finden qualifizierter Bau-und Handwerksbetriebe, die Koordination der Gewerke bei der Umsetzung und die Qualitätskontrolle.

Die dabei entstehenden Herausforderungen liegen unter anderem in den benötigten Fachkräften bei den OSS, der kontinuierlichen Finanzierung für die OSS bzw. Förderung dieser Kosten für die Gebäudeeigentümer:innen und in der Abgrenzung von Dienstleistungen gegenüber solchen, die bereits im Markt etabliert sind.

IMMOFUTUR: Lassen Sie uns über den momentanen Stand von OSS in Deutschland sprechen. Gibt es bereits One Stop Shops in Deutschland, die aktiv sind?

STEFAN THOMAS: Ja, die gibt es. Einige gibt es sogar schon sehr lange. Dazu gehören proKlima und das Netzwerk Modernisierungspartner in der Region Hannover, die SAGA in Düsseldorf oder das Programm AltBauNeu in NRW.

Sie erhalten oft eine Förderung von Kommunen, Stadtwerken oder Landesregierungen. Sie zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie in einem Netzwerk aus Kommunen, Stadtwerken, freien Energieberater:innen und Handwerk vor Ort gemeinsam agieren, für energetische Modernisierung werben und auch für Qualitätssicherung sorgen.

IMMOFUTUR: Das dürfte aber nicht reichen für den deutschlandweiten Bedarf, oder?

STEFAN THOMAS: Nein, leider nicht. Momentan befinden sich One Stop Shops in Deutschland noch weitestgehend in den Kinderschuhen. Mit unseren Forschungsergebnissen konnten wir jedoch wichtige Erkenntnisse an die politischen Entscheidungsträger weiterreichen.

Seit der Novellierung der EU-Gebäuderichtlinie in diesem Jahr ist es zudem für die Bundesregierung auch Pflicht, dafür zu sorgen, dass in Deutschland in jeder Kommune mit mindestens 80.000 Einwohner:innen ein OSS besteht.

Der Ball liegt also nun bei der Politik und ihren Entscheidungsträgern.

IMMOFUTUR: Vielen Dank für den Einblick in die Welt der One Stop Shops!

STEFAN THOMAS: Sehr gerne!

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